Das gute Buch, der schnöde Mammon
(Emotionslose) These: Es gibt mittlerweile mehr Menschen, die ein Buch geschrieben haben, schreiben oder schreiben möchten als Menschen, die Bücher tatsächlich kaufen und lesen.
Anschlussthese bzw. Erklärungsversuch: Buch schreiben funktioniert noch allgemein als Distinktionswerkzeug, Buch lesen nur noch sehr eingeschränkt.
Bedauerlich fürs Wirtschaften der Verlage ist, dass die einst große Gruppe der Menschen, die gern Bücher kaufen und sichtbar ins Regal stellen, auch wenn sie sie oft nicht lesen, quasi nicht mehr existiert. Sachlich betrachtet, ist das eigentlich gut, weil es Augenwischerei war.
Bei mir im Verlag kommt das Geld fürs Verlegen bei weitem nicht nur über Buchverkäufe rein, sondern 1. über Steady-Abos, 2. über Merchverkäufe, 3. über Kurations-/Vortrags-Texthonorare und erst 4. über Buch- und E-Book-Verkäufe. Das System ist längst noch nicht stabil. Würden aber irgendwann alle Verlagskosten über Abos und Buchverkäufe gedeckt werden können, wäre das meines Erachtens ein absolut zeitgemäßes Publishing-Modell.
Klassisches Verlegen kostet eher Geld, als dass es welches bringt. Das neue Publizieren im Netz hat das Potenzial, dass sehr viele Menschen, ohne um Erlaubnis zu fragen, sehr viele Interessen bedienen und davon leben können. Kein Wunder, dass es von Gatekeeper*innen gehasst wird.
Abos passen nicht zu allen Verlagen, aber bei Frohmann ist es perfekt, weil Menschen nach ihren persönlichen Neigungen und Möglichkeiten freiwillig Geld geben für eine Art von Publishing, an dem sie im Netz die ganze Zeit schon teilhaben.
Bücher sollten nicht aus Mitleid für Verlage gekauft werden. Das ist nur eine neue Form von Augenwischerei. Deshalb ist es großartig, dass mit den neuen Plattformen auch neue Monetarisierungsmodelle entstehen, die zum jetzigen Lesen passen. Man darf sie bloß nicht kleinreden.
Bild: T. Frohmann